Session 3. Sitzung: Gefängnis (Dezember 2005)
In dieser Sitzung betritt die Klientin einen Raum, in dem sie sich sehr eingeengt
und unter Druck gesetzt fühlt. Sie kann nicht aufrecht stehen und fühlt
sich fast wie in einem Gefängnis. Als Ursache deckt sie ihre tiefen Schuldgefühle,
ihrem Vater gegenüber auf. Diese haben ihren Willen massiv geschwächt
und schließlich dazu geführt, dass sie sich in ihren späteren
Partnerschaftsbeziehungen und auch im Berufsleben immer klein gemacht hat und
nicht wirklich aufrecht stehen/sein konnte. Ihr gelingt nun die Aussöhnung
mit ihrem Vater, und so entsteht im Laufe der Auseinandersetzung eine ganz neue
Verbindung, die sich immer mehr vertieft.
Die Klientin betritt einen leeren, engen und dunklen Raum, der gerade eben zum
Aushalten ist. Die Decke ist so niedrig, dass sie den Kopf einziehen muss, weil
sie nicht gerade stehen kann.
Die Botschaft des Raumes ist, sie soll nach unten schauen, nicht immer nur nach
oben. Der Therapeut fragt nach einem konkreten Beispiel, und sie erzählt
von einer Zeit in ihrem Berufsleben, in der sie sich selbst sehr unter Druck gesetzt
hat.
Dazu der Therapeut: Ist das vielleicht so etwas Selbstähnliches, dass du
es wie ein Gefängnis empfunden hast? Die Klientin bejaht und befragt den
Raum, und der antwortet, sie soll sich daraus befreien.
Th: Wo gibt es denn noch so etwas Selbstähnliches? Wo gibt es denn noch Gefängnisse
in deinem Leben, im übertragenen Sinne? Der Raum soll dir wieder einen Hinweis
geben.
Kl: In meiner Ehe. Ich hatte Angst, die Scheinpartnerschaft zu verlieren.
Die Ehe war ihr zu eng, aber sie hat sich trotzdem angepasst.
Th: Dh. also, du hast dich deshalb zurückgenommen, um irgendetwas, was dir
auch wichtig war, nicht zu zerstören? (Kl: Ja) Gut, was war denn diese Zweisamkeit,
was war da so wichtig? Und sag es gleich deinem Mann.
Kl: Du hast mir einfach Schutz gegeben. Ich habe mich bis zuletzt damit sehr wohl
gefühlt.
Th: Also: Gefängnis gegen Schutz und Geborgenheit. Gut der Raum des Gefängnisses
ist jetzt sehr kahl und karg, du fühlst dich darin nicht wohl. “Aushalten”
hast du gesagt, übertrage das mal auf deine Ehe. Ist es so, dass du kaum
aufrecht stehen kannst, du kannst es kaum ertragen? Und sag’s wieder deinem
Mann.
Die Klientin relativiert, es sei nur teilweise so gewesen.
Kl: Aber dann ist jeder in eine andere Richtung gegangen, und dann hab ich das
erste Mal richtig gestanden.
Th: Ja, was könntest du jetzt im Nachhinein ändern, an welchen Stellen?
Das ist zwar jetzt so gelaufen, du hast auch viel gelernt, und das war auch ganz
wichtig.
Aber trotzdem bleibt bei dir ja dieser Raum zurück, wo du geduckt bist, wo
es eng ist. Das würde bedeuten, wir müssten irgendetwas ändern
in deinem Leben mit deinem Mann, an welchen Stellen auch immer, dass du - unbewusst
- besser durchatmen kannst, mehr Raum hast. Dass es nicht mehr so niedrig ist,
symbolisch, dort in dem Raum.
Um das zu verändern, schlägt der Therapeut nun vor, der Raum soll der
Klientin Situationen aus ihrer Ehe zeigen, in denen sie diese Enge besonders gespürt
hat, um da jetzt mit ihrem Mann eine neue Entscheidung zu fällen. Aber der
Mann weigert sich. Es wird klar, dass sie sich beide ändern müssen.
Aber auch als beide - jeder für sich - eine Farbe zur Unterstützung
erhalten, ändert sich nichts. Auch die Farbe Rot für Liebe für
beide hilft nicht weiter.
Die Klientin bemüht sich weiterhin vergeblich.
Kl: Wir legen das jetzt fest, wir machen das jetzt. Kann da kommen, was will.
Th Genau, guck mal, wie er jetzt reagiert.
Kl: Ich will das nicht.
Th Sagt er? (Kl: Ja) Ja, jetzt wird es aber deutlicher. Du willst, und er will
nicht. Gut, einer von euch beiden muss jetzt gewinnen. Denn er ist immer in deinem
Kopf und sagt: Ich will nicht! Was machst du denn jetzt?
Kl: Aber ich will!
Th: Genau. Guck mal, ob du ihn jetzt nicht richtig einforderst, auf den Punkt
bringst (Th. schlägt mit Schlagstock animierend auf den Boden.) Es geht immer
noch um den Mann in deinem Kopf, der ist abgespeichert, der hat dieses Ding drauf,
das merkst du ja: “Ach nein, lassen wirs doch oder geht auch anders usw.”
(Kl: Ja) Und das macht dich eigentlich wütend und sauer. (Kl: Ja) Gut, wir
können es ja mal probieren, ob es funktioniert. Das ist ein heftiger Trick:
Komm, setz dich mal ein bisschen auf, und ich geb dir jetzt hier mal einen solchen
Schlagstock in die Hand, und dann forderst du ihn jetzt mal ein. Und du musst
gucken, ob er das in deiner Innenwelt macht. Der muss das richtig dann machen.
Es geht um das Bild in deinem Kopf.
Kl: (energisch und mit schlagen ) Du sollst das jetzt machen!!
Th Guck mal, ob er jetzt anders reagiert, wenn du das so energisch forderst.
Kl: Mit so einem Geschrei lass ich mich überhaupt nicht auf dich ein, sagt
er.
Th: Dann geht er noch mehr auf Abstand, damit kriegst du ihn nicht. Gut, dann
sag ihm vielleicht sowas wie: Du bist ein Bild in meinem Kopf, und du musst eh
machen, was ich will. Und lass ihn mal Kniebeugen machen. Und guck, ob er es macht.
Fordere ihn ein.
Kl: Du sollst Kniebeugen machen! Mach!!
Th: Genau, er muss Kniebeugen machen. Denn er ist ein Bild von dir und muss immer
machen, was du willst. Und guck mal, ob er es macht.
Kl: Er macht es nicht.
Th: Dann hat er die Macht, die musst du dir zurück holen. Ja, krieg mit:
Das ist ein Bild in deinem Kopf, und das Bild muss dir gehorchen, denn es gehört
zu deinem Energiesystem. Dieses Bild muss machen, was du willst. Wenn nicht, hast
du einen Teil in deinem Kopf, der außerhalb deines Willens liegt. Und das
kann nicht sein, das ist nicht in Ordnung. Du musst ihn jetzt einfordern, er muss
das bringen. Du musst das jetzt einfordern das Bild, das muss Kniebeugen machen,
guck mal, ob du es hinkriegst. Es ist wie eine Lernaufgabe , es geht darum, deinen
Kopf wieder in deine Macht zu kriegen. Denn sonst läuft da oben alles ohne
dich. Darum geht es. Und der ist ein Symbol für was - für was ist jetzt
wurscht - es geht ja wirklich da drum. Das haben Tausende von Leuten vor dir hingekriegt,
also kriegst du es auch hin.
Kl. schlägt schwach.
Th: Wenn du jetzt ärgerlich wirst und dich auf die Knie setzt, und du willst
es jetzt: Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts. Guck mal, ob es geht.
Sag ihm, was er in deinem Kopf machen soll. (Aber Kl. schlägt nur noch ganz
zaghaft.) Na, was passiert da in dir?
Kl: Ich bin so schwach, ich kann meine Stimme gar nicht erheben.
Th: Was in dir ist so schwach, dass du dieses Bild nicht hin- und herschieben
kannst? Da sind wir jetzt an einem ganz wichtigen Punkt, und da müssen wir
auch hin.
Das ist fast sowas wie dein Krebs. Wer bitteschön ist so stark, dass er einen
Krebs wuchern lassen kann, und du bist so schwach und kannst nichts machen? Da
muss es Ereignisse dazu geben. Wer hat dich so schwach gemacht statt richtig stark?
Guck mal, wer auftaucht.
Kl: Mein Vater.
Th:Dann sag es ihm.
Kl: Schau mal Vater, ich bin so schwach, dass ich von meinem Mann noch nicht mal
verlangen kann, dass wir ein Ziel gemeinsam angehen.
Th: Und sag ihm auch, du bist jetzt in deinem Kopf so schwach, dass du ihn jetzt
in deinem Kopf nicht dazu bringen kannst, dass er Kniebeugen macht. (Th. schlägt
kräftig auf den Boden.)
Die Klientin bemüht sich - ohne Erfolg.
Th: Dh. er muss irgendwie deinen Willen gebrochen, reduziert, runter gefahren
haben. Frag ihn mal ganz direkt.
Kl:(jetzt wütend) Bist du dran schuld?
Th:Guck mal, ob er mit Kopf nickt oder schüttelt. (Kl: Er nickt.) Gut, dann
müssen wir jetzt mit ihm aber ganz heftig arbeiten. Der muss hinter dir stehen,
der muss dich stärken, stark machen, dass der Typ da Kniebeugen macht. Das
ist doch kein Thema! (Kl: Ja) Dann frag deinen Vater jetzt, was hat er bitteschön
dir angetan, dass er deinen Willen gebrochen hat. Frag ihn mal.
Kl: Vater, was hast du mir angetan, dass dieser Typ meinen Willen brechen kann?
Th: Oder anders herum, dein Vater hat vielleicht irgendwas mit dir gemacht, dass
er deinen Willen gebrochen hat. Keine Ahnung. Denn offensichtlich bist du nicht
richtig in deiner Willenskraft, und dein Vater ist aufgetaucht, und er fühlt
sich schuldig. Also muss irgendwas gelaufen sein zwischen ihm und dir, dass du
nicht in deiner Power bist. Guck mal, welches Ereignis hat dazu beigetragen, dein
Vater soll es dir zeigen.
Die Klientin hat den Vater maßlos enttäuscht. Einmal, weil sie mit
einem verheirateten Mann zusammengelebt hat, beim zweiten Mal ging es um einen
Aktienverkauf, der ihm nicht recht war.
Th: Dann fragen wir deinen Vater jetzt mal direkt: hat er dich da abgeschrieben,
aufgegeben, aus seinem Herzen geschmissen. Frag ihn mal ganz direkt und schau
ihn an dabei.
Die Klientin bejaht.
Th: Und er war maßlos enttäuscht. Das sind zwei Sachen, wo er maßlos
enttäuscht war. (Kl: Ja) Gut, dann kannst du ihm nur antworten: Diese maßlose
Enttäuschung hat dazu geführt, dass ich maßlose Schuldgefühle
habe offensichtlich.
Kl:Und das hat dazu geführt, dass jeder mit mir machen kann, was er will.
Th: Und das ist genau der Punkt. Da ist dein Rückrat gebrochen worden, dein
aufrechter Gang, dein Dich-durchsetzen-können. Deshalb haben wir auch solchen
Raum da, wo du kaum stehen kannst, und du musst es aushalten, durchhalten, überleben.
Deshalb hat der Krebs auch eine Chance, das ist doch klar. Du kannst dich kaum
wehren dagegen, und deshalb greift er an, symbolisch ausgedrückt.
Aber das ist auch toll: Jetzt haben wir auch den dicksten Punkt, die dickste Energie,
die dahinter sitzt. Guck es dir an, jetzt brauchst du nur noch deinen Vater dahin
zu bringen, dass er dir hilft. Dein Vater muss dir dabei helfen. Es geht um alles
jetzt.
Kl: Vater, ich möchte wieder gesund werden. Und ich brauche dich dazu. Was
kannst du für mich tun? Die Enttäuschung sitzt sehr tief...
Th: Ich hab praktisch nur deinen Willen, deine Ausdruckskraft, eingefordert, um
zu sehen, ob die da ist. Und da sind wir jetzt drauf gekommen, dass die gebrochen
ist. Und dass du jetzt am dicksten Knackpunkt bist. Du musst jetzt deinen Vater
dazu bringen, dass er hinter dir steht. Und das ist nicht so einfach.
Kl: Vater ich brauch dich jetzt dazu. Du musst mir jetzt helfen. Und jetzt tut
mir auch meine linke Brust weh.
Th: Genau, jetzt sind wir am Thema. Frag mal die Brust, ob das das Thema ist.
Kl: Brust, ist das das Thema? - Ja.
Th: Dann sags deinem Papa: Mir tut meine linke Brust weh.
Das tut dem Vater jetzt (in der Innenwelt der Klientin) leid. Zu seinen Lebzeiten,
so sagt die Klientin, konnte sie das nicht mehr mit ihm klären.
Kl: Ja, er hat es akzeptiert, aber nicht vergeben.
Th: Dann sags deinem Papa, dass er natürlich nicht über seine Grenzen
springen konnte, und das ist auch verständlich, du verstehst das halt. Aber
das Akzeptieren ist zu wenig, du stirbst nämlich jetzt symbolisch an deinen
Schuldgefühlen .
Kl: Papa, ich weiß, dass ich ...
Th: Du bist schwach, kannst dich gegen deinen Mann nicht durchsetzen.
Kl: Ich werd immer schwächer.
Th: Und der Krebs hat eine Angriffsfläche.Und du stirbst, wer weiß,
das ist ja nicht so sicher dann. Und wenn du aber stark bist, dann ist alles auch
geregelt. Schuldgefühle sind auch das, was wir immer wieder erleben, was
das Immunsystem massiv senkt. Schuldgefühle sind das Schlimmste, was es gibt
eigentlich. Ihr müsst euch wieder ganz tief verstehen und finden. Das ist
das Wichtigste.
Kl: Er will mir auch helfen dabei.
Th: Sag ihm ruhig, das wird eine ganz, ganz große Aufgabe für ihn.
Er muss dir wirklich ganz tief verzeihen und dich wieder als Kind annehmen.
Kl: Vater, ich frag dich jetzt so ganz genau, denn du musst mir jetzt nicht nur
vergeben sondern verzeihen. Sonst schaffe ich diesen Schritt nicht.
Th: Er muss dich wieder in sein Herz lassen.
Kl: Du musst...
Th: Spür mal, ob du auch dazu bereit bist. Du müsstest ihn wieder in
dein Herz lassen, in sein Herz wollen. Sag ihm das mit deinen Worten.
Kl: Ja, du warst ja immer bei mir. Du bist wieder in meinem Herzen. Bin ich in
deinem Herzen auch? - Er ist sich da noch nicht ganz sicher.
Th: Was braucht er denn von dir, dass er dich wieder annehmen kann?
.Kl: Was brauchst du von mir? Klientin weint leise. - Pause - Sanfte Musik wird
eingespielt.
Th: Schau mal, ob er in der Lage ist, dich einfach so anzunehmen?
Kl: Er nimmt mich an.
Th: Dann schau mal, ob du dich fallen lassen kannst, wieder das Mädchen werden
kannst.
Kl: Ich kann mich fallen lassen.
Th: Dann mach es. Erlaub deinem Vater, wahrzunehmen, dass du jetzt wieder da bist,
und spür auch, was du jetzt machen möchtest.
Kl: Vater, ich möchte dich noch mal um Verzeihung bitten ... (Kl. weint stark)
Er mag nicht, dass ich weine.
Th: Sag ihm, das tut aber gut, du heilst dadurch.
Kl: Kannst du das annehmen? - Ja, ich soll weinen, solange ich es brauche.
Th: Spür, dass dein Vater wieder da ist, und erlaub dir zu spüren, dass
er wieder da ist.
Kl: Ja, ich merke es .... (weint)
Längere Pause bei leiser Musik - Dann spürt die Klientin eine Verspannung.
Th: Dann soll sich die Verspannung mal umsetzen in der Innenwelt.
Kl: Ich bin so starr, ich bin so tot.
Th: Dann guck mal, welches Ereignis dazu beigetragen hat, was kommt hoch? Was
hat dich erschreckt oder erstarrt? Frag mal deinen Papa, vielleicht weiß
der was.
Kl: Papa, was … Dieses Gefängnis eben. Ich hab ja nie gelebt, ich hab
einfach nur ausgehalten.
Th: Sag es deinem Papa.
Die Klientin spricht mit ihrem Vater nun noch mal darüber, wie leid ihr alles
tut.
Th: Ja, und wenn du so willst, war das eine unbewusste Strafe dafür (Kl:
Ja). Hast dich selbst bestraft, Schuldgefühle gehabt und weggedrückt,
in so ein Gefängnis gesteckt, was auch immer.
Kl: Ja, das war meine Lösung. Vater, ich hab mich die ganze Zeit vom Leben
zurückgezogen und mich selbst dafür bestraft, dass ich dir so wehgetan
habe.
Th: Ja, genau. Er muss auch sehr gelitten haben. Er soll es dir auch mal erzählen,
sich mal aussprechen, damit er es los wird.
Kl: Er hat sich so geärgert, dass er wenig später einen Schlaganfall
bekommen hat.
Th: Du fühlst dich auch schuldig, dass er einen Schlaganfall bekommen hat?
Kl: Ja, nicht nur, aber auch. Ich weiß, du hast dich so aufgeregt, dass
ich auch mit ein Auslöser war.
Th: Wie ist das für ihn, wenn du das so ehrlich sagst jetzt?
Kl: (weint immer noch) Er sagt, wie blöd wir doch waren – das hätte
man doch mit Liebe alles klären können.
Die Klientin spricht noch einmal mit ihrem Vater über ihre Schuldgefühle
und dass sie keine Möglichkeit der Verständigung gefunden hat.
Th: Ja, genau. Wie alt warst du damals?
Kl: Wie ich den verheirateten Mann kennengelernt habe, da war ich 19 oder 20.
Th: Gut dann sei noch mal 19 und sei bei deinem Papa - denn er sieht ja jetzt,
wie es sich insgesamt auswirkt - ob ihr beide nicht irgendwie eine neue Entscheidung
fällen könnt. Also, er darf enttäuscht sein, aber billigt es dir
trotzdem zu, er überwindet aber seine Enttäuschung und sieht zu, dass
du dein Leben trotzdem so leben darfst.
Kl: Ja, es fällt ihm nicht schwer. Er sagt, gut du hast soviel jetzt erreicht
- im Sport, in der Schule … Ich bin froh, dass ich dich habe. Ich möchte,
dass du deine Erfahrungen selbst sammelst. Und wenn du meinen Rat brauchst, werde
ich ihn dir gern geben. - Das tut mir gut.
Th: Das besiegelt, wie so eine neue Vereinbarung.
Kl: Und das Zweite, mit den Aktien … Jetzt juckt es mich wieder.
Th: Ja, das juckt dich.
Kl: Ja Papa, ich möchte das jetzt endlich mal loswerden. Das zweite Mal,
da war ich so ungefähr 35. Mein Mann hatte ins Geschäft investiert …
Und ich hab wirklich aus einer Notsituation heraus gehandelt. Und für dich
war das ja kein Betrag, das war ja nicht der Rede wert. Und wenn ich zu dir Vertrauen
gehabt hätte oder mit dir hätte reden können, dann … Ich
hab immer wieder alles versucht.
Th: Spür mal, ob er es annimmt.
Kl: Er sagt, wir wussten doch gleich, dass dieser Mann nichts für dich ist.
Wir haben es dir doch auch immer gesagt. - Ja, Vater, das weiß ich, aber
ihr habt ja auch interveniert. Ihr habt ihm das immer gesagt, dass er da nicht
reinpasst, er war nie genug. Mir hätte das auch gelangt, so wie er war, aber
ich wollte ja immer dir entsprechen.
Th: Ja, genau. Und vielleicht hast du deshalb auch deinen Mann gar nicht so richtig
annehmen können.(Kl: Neee!) Hast aus deinem alten Schuldgefühl heraus
bei deinem Papa immer noch was richtig machen wollen. Und auch hier gilt wieder:
Dein Vater müsste dir ganz tief zubilligen, dein Leben zu leben und Fehler
zu machen und deine Entscheidungen zu leben. Was auch immer dadurch passiert,
ganz tief müsste er das akzeptieren, ja, du machst Erfahrungen für dich.
Guck mal, ob du deinen Vater dazu kriegst.
Kl: Ja, wenn ich das jetzt so sehe, tut mir das leid. Das ist wieder ein Fehler,
den ich gemacht habe, weil ich so besessen war von meiner Meinung.
Th: Ja, guck mal, da bist du genauso wie dein Vater, da habt ihr was Ähnliches.
Kl: (lacht) Ja, ich weiß das.
Th: Sag ihm das mal. Weil du so stur bist, bin ich so stur. (Kl.und Th. lachen.)
Kl: Du bist stur, ich bin stur, das wissen ja alle, dass ich dir wie aus dem Gesicht
geschnitten bin, und so ist unser Leben dann verlaufen. Das kann doch nicht sein,
wir haben das Leben einfach vergeudet, aber jetzt können wir das ja füreinander
regeln, indem wir uns beide verzeihen. Ja, er will mir jetzt verzeihen. Und er
will mich auch ganz fest in die Arme nehmen und wieder in sein Herz lassen.
Th: Das ist auch wichtig für euch beide. Das ist so eine Lernerfahrung, das
hat seine Qualität, aber es gibt ja etwas, was offensichtlich größer
ist.
Kl: Ja, weißt du, das Sture ist manchmal ganz gut, wenn man seinen Weg geht,
aber die Liebe muss einfach vorrangig sein. Und auch was letztendlich dabei rauskommt.
Liebe heißt vergeben und den anderen so akzeptieren, wie er ist. - Er nimmt
mich in die Arme.
Leise Musik wird eingespielt. Kl. ist sehr berührt, weint.
Th: Nun schau mal, wie du ihn annimmst.
Kl: Wir wollen uns gar nicht mehr loslassen.
Th: Schön, dann nimm ihn mal in dieses Anfangsbild mit hinein. Wie das jetzt
aussieht oder wie das sich verändert, wenn deinVater jetzt mit da auftaucht.
Das war ja so ein Gefängnisraum, du warst gefangen. (Kl: Ja) Guck mal, wie
er jetzt ist.
Kl: Der Raum ist höher, sind Fenster, und überall sehe ich … ich
bin jetzt gar nicht mehr im Gefängnis, würde ich sagen, sondern ich
steh jetzt auf ner Wiese - wo Blumen blühen können, es ist alles so
offen.
Th: Und lass deinen Vater auch mal da sein (Kl. lacht glücklich: Ja) und
nimm ihn mal wahr, wo er steht und welchen Gesichtsausdruck er hat.
Kl: Er steht neben mir.
Th: Und dann zeig ihm mal, das war ganz früher mein Raum.
Kl: Das war mein Raum. Und jetzt ist alles offen.
Th: Es ist alles wieder offen, genau.
Kl: Er freut sich für mich.
Th: Genau, und nun zeig ihn auch mal deinem Brustkrebs, der dazugehört und
eine Bedeutung hat, und zeig ihm mal den Raum und guck mal, wie er reagiert.
Kl: Das freut ihn, den Brustkrebs, ja, und er sieht auch, da muss er sich gar
nicht mehr so - das ist alles hell - er muss gar nicht mehr so dunkel und so verkrampft
sein. Es strahlt sogar bis runter in den Arm.
Th: Ja, vielleicht auch deshalb, weil du wieder handlungsfähig wirst. (Kl:
Ja) Von meinem Gefühl her haben wir den Raum jetzt aufgelöst. Von daher
ist das Wichtigste heute passiert.
Th: Wir hätten zwar noch ein bisschen Zeit, aber ich möchte gerne, dass
du in diesem Gefühl, in diesem Bereich jetzt bleibst. (Kl: Ja) Also auf der
Wiese, und mit deinem Vater. Dich einfach ein bißchen ausruhst.
Weil das so ein wichtiger Bereich ist, weil du jetzt so Heilerfahrungen machst.
Dass du einfach noch ein bisschen länger da bleibst. Ich würde dir vorschlagen:
Ich lass dich jetzt auch wieder alleine. Aber dieses Mal ein bisschen länger,
vielleicht so 15 oder 20 Minuten allerhöchstens. (Kl Ja)
Du bist da jetzt in einer Heilphase, sei einfach noch ein bisschen mit ihm, in
der Landschaft, in der heilsamen Welt. Und diese Verbindung zwischen dir und deinem
Vater halte ich für das Wichtigste überhaupt, für deinen Krebs.
Denn er ist aus Schuldgefühlen entstanden ihm gegenüber. Und wenn ihr
jetzt dort seid, was immer ihr da macht, wenn ihr spazierengeht oder was auch
immer, Hauptsache, ihr seid zusammen. (Kl: Ja)
Und wenn sich daraus noch was verändert, dann gucken wir in 20 Minuten weiter,
und sonst lassen wir es so stehen. Dann kann das arbeiten bis zur nächsten
Session.
Kl: Ja! Nach der Ruhepause:
Th: Was ist denn noch passiert, oder wo bist du jetzt?
Kl: Mir geht es gut. Es ist auch weiter nichts mehr aufgetaucht. Es juckt nix.
Th: Gut, ja, wenn nichts mehr anliegt, dann komm einfach in deiner Geschwindigkeit
wieder zurück.
Kl: Ja.